Hintergrund
Sei es die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre, populistische Verschwörungentheorien einer “Islamisierung” oder die Gefahren durch den islamischen Staat, über kaum eine Religion wird derzeit so viel debattiert wie über den Islam.
Dabei stehen insbesondere islamistische Ausprägungen des Islam im Fokus öffentlicher Wahrnehmung und Diskurse, gerade über die Szene der sogenannten Salafisten wird immer wieder gesprochen.
Besonders in den Bereichen der Jugendarbeit und Bildung stehen daher Fragen der Prävention von und Intervention bei Radikalisierungstendenzen junger Menschen immer häufiger auf der Tagesordnung.
Kenntnisse über Hintergründe, tatsächliche Zahlen und unterschiedliche Ausprägungen des religiös begründeten Extremismus sind dabei eher gering und wenig durch Faktenwissen gestützt.
Dementsprechend selten werden sie in den Zusammenhang von Radikalisierungstendenzen und -prozessen im Jugendalter generell oder des gesellschaftlichen Diskurses zum Islam und damit zu Muslimen und Musliminnen gestellt.
Als Muslim*innen markierte Menschen werden zum Teil negativ und als nicht zugehörig betrachtet. Es herrschen Bilder von Rückwärtsgewandtheit, fehlender Geschlechteremanzipation und oft wird der Islam als inhärent radikal und gewaltbereit dargestellt. Antimuslimische Übergriffe in Deutschland sind auf einem hohen Niveau, finden jedoch selten die öffentliche Aufmerksamkeit.
Während somit radikale Tendenzen oftmals im Vordergrund der gesellschaftlichen Wahrnehmung stehen, bleibt das gesellschaftliche Problem des antimuslimischen Rassismus weitgehend unbeachtet. In das breite gesellschaftliche Bewusstsein rückt es, wenn es Anschläge von rechten Terroristen wie 2019 in Christchurch oder 2020 in Hanau mit mehreren Todesopfern gibt. Die gesamtgesellschaftlichen Hintergründe dieser Taten und alltägliche Übergriffe und Diskriminierungserfahrungen rücken dabei jedoch in den Hintergrund. Im Kontext der Radikalisierungsprävention kann antimuslimischer Rassismus als Radikalisierungsfaktor betrachtet werden und tatsächlich versuchen islamistische Gruppen die existierenden Erfahrungen von Benachteiligung und Ausgrenzung aufzugreifen, um junge Menschen zu rekrutieren.
Dies schürt die Gefahr, dass Antidiskriminierungsarbeit lediglich als Mittel der Radikalisierungsprävention verstanden wird und Nichtdiskriminierung als normative Größe, die sich aus gesetzlichen Normen ergibt und nicht verhandelbar ist, aus dem Blick verloren wird.
Unser Projekt setzt sich daher für die Versachlichung des Diskurses, die Bekämpfung religiös begründeter Extremismen in ihren gesamtgesellschaftlichen Kontexten und dafür, dass antimuslimischer Rassismus unabhängig als gesellschaftliches Problem erkannt und bearbeitet wird, ein.
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